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besch(t)euert

Dienstag, November 16th, 2010 | Author:

Wenn man groß wird, muss man Steuern bezahlen. Oder, wenn man ganz wenig Geld verdient, vielleicht auch nicht. In jedem Fall muss man aber einen seitenlangen Wisch mit seltsamen Fragen ausfüllen. Wieviel Geld man verdient hat, zum Beispiel. Eine Frage, die schon an sich sehr schwer zu beantworten ist, wenn man nicht mal mehr weiss was man letzten Monat gemacht hat und Briefe wochenlang mit sich rumträgt weil man zu geizig ist sich mal ein 20er Paket Briefmarken zu kaufen. Ist aber noch eine der leichteren Fragen, und ich werd langsam bescheuert, und mit ein bisschen Pech auch noch besteuert.

In der Serie Black Books muss der irre und chaotische Buchhändler Bernhard Black seine Steuerklärung machen, zur Ablenkung ruft er seine Mutter an, faltet seine Socken und lässt die Zeugen Jehovas rein. Als er feststellt, dass er keine Erklärung abgeben muss wenn er schwer verletzt ist, versucht er sich den Arm mit einem elektronischen Tranchiermesser abzusäbeln. In letzter Sekunde entdeckt er jedoch auf der Straße ein paar gewalttätige Skinheads, die gerade einen Buchhalter zusammenschlagen, er stürmt raus und fragt: “Which one of you bitches wants to dance?” Der Buchhalter ist ihm so dankbar für die selbstlose Rettung dass er hinterher seine Steuererklärung macht.

Ich sitze im Frühstückraum des schwedischen Möbelhauses, das erst in einer halben Stunde aufmacht, und brüte über meiner Steuererklärung. Beziehungsweise, ich schaue mich nach gewalttätigen Jugendlichen oder gefährlichen Gegenständen um. Fehlanzeige, nur Muttis, Rentner und junge Leute, die aussehen als wären sie gerade aus einer Werbetafel ausgestiegen. So gehetzt sind die, ein ganzes Leben in einer Werbetafel, jetzt endlich raus, da hat man einiges nachzuholen. Und ein paar Möbel braucht man auch. Vielleicht ist ja ein frischgebackener, enthusiastischer Steuerberater dabei, dem man ein paar Einrichtungstips geben kann, und zum Dank dafür… Ja, manchmal lasse ich mich in meinen Fantasien etwas hinreissen.

Category: wies so geht | Leave a Comment

Vorgestellt

Dienstag, März 23rd, 2010 | Author:

Io ist hin und wieder ein Ausbund an sprudelnder Kreativität. Ich hatte mich bei einer großen Werbagentur beworben und wollte mich nun dort vorstellen – mein erstes Vorstellungsgespräch in einem großen Unternehmen. Vertrauensvoll fragte ich den lebenserfahrenen Io um seinen Rat.

“Man muss Fragen stellen.” sagte er.

“Ach nee. Was denn zum Beispiel? Es muss ja irgendwie intelligent sein und tieferes Interesse und Sachverständnis rüberbringen…”

“Wie wäre es mit: ‘Gibt es in der Kantine glutenfreies Essen?’ oder ‘Sind die Arbeitsräume auch schadstoffgeprüft? Ich bin nämlich allergisch.’ Oder wie wäre es mit: “Werden Maus und Tastatur auch im Zweiwochenturnus chemisch gereinigt und sterilisiert? Da fängt man sich ja alles, das wissen Sie sicher…”

“So ein Quatsch. Eher was Spezielles, welche Software benutzt wird, was für Kunden…”

“Die benutzen alle das Gleiche. Frag lieber nach dem Typus der Kaffeemaschine. Wenn du schon dabei bist kannst du auch gleich fragen ob der Kaffee Fair Trade ist, weil das von moralischem Interesse für dich ist.”

“Danke für den Tip. Warum will ich eigentlich in die Werbung? Jetzt mal ohne ständig auf Kreativität rumzureiten…”

“Hm. Sag einfach es ist eine pure Trotzreaktion. Alle haben dir davon abgeraten in die Werbung zu gehen, deswegen musst du es jetzt unbedingt probieren. Oder du schwärmst davon wie kaputt und am Ende die Branche ist, und sagst dass dich der morbide Charme des Untergangs fasziniert.”

Zum Glück waren die Leute in der Agentur sehr nett, so dass ich während des Gesprächs nicht an Ios wohlgemeinte Ratschläge denken musste.

Category: Job | 5 Comments