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Zen

Mittwoch, Juli 27th, 2011 | Author:

Wenn ich eine Religion oder Ähnliches ausüben würde, dann wäre das wohl Zen-Buddhismus, aus den naheliegenden Gründen: Wenig dogmatische Regeln, wirksam gegen Stress und die egomanen Tendenzen unserer Gesellschaft, naturnahes Weltbild. In meiner schönen Stadt gibt es sogar einen Verein, in dem man Zen-Buddhismus lernen und praktizieren kann. Leider konnte ich mich noch nicht dazu durchringen, an einem Montag Abend dort hinüber zu gehen und mich 3 x 25 Minuten bewegungslos irgendwo hinzusetzen, dazwischen Tee zu trinken und im Kreis zu laufen. Das tut nämlich erstens weh (und ich spreche aus Erfahrung) und ist äußerst anstrengend, wenn auch fraglos von extraordinärer Wirksamkeit.

Dabei hilft nicht, dass der Verein quasi direkt vor meiner Haustür ist, weil ich jedes Mal, wenn ich daran vorbeigehe, daran erinnert werde dass ich es noch nicht geschafft habe mich mal zu dieser elementaren Erfahrung zu überwinden, obwohl ich es sicher mal nötig hätte. Gestern habe ich das erste Mal Menschen vor der Tür dort warten sehen. Zwei Männer mittleren Alters, mit Regenschirmen in der Hand, im lockeren Gespräch. Ich legte ein heiteres Lächeln auf, um zu beweisen, dass ich auch ohne montägliche Sitzrunden im Geiste dazu gehöre und ja, möglicherweise auch schon aus eigener Kraft den Zustand heiterer Ruhe erreicht habe. Um meine innere Gelassenheit und mein Einssein mit der Welt zu demonstrieren hob ich mein Gesicht sanft lächelnd gen Himmel in den Regen. In diesem Moment stürzte ein brombeergroßer Regentropfen aus Kilometerhöhe direkt in mein linkes Auge, das ich daraufhin panisch zusammenkniff, dabei mit einer ungelenk schleudernden Bewegung meines Oberkörpers den Schutz meines Gesichtes veranlassend, um dann mit drei irritierten Hüpfern um die Ecke zu verschwinden, während die Zen-Männer mir unter ihren Regenschirmen stehend verwirrt nachsahen.

Vielleicht bin ich noch nicht bereit für Zen.

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In Hamburch

Mittwoch, Mai 12th, 2010 | Author:

Wer auf die Idee gekommen ist einen Fernsehbeitrag in der Hamburger Innenstadt während der Aufstiegsfeier von Sankt Pauli zu drehen, ist mir unbekannt. Ich war jedenfalls dabei und vom Kamerateam begleitet mittendrin im Gewühl, weil unsäglich viele Leute Fernsehn geguckt haben als die Story von den Phillipinen lief.

Vom Dreh möchte ich eigentlich nicht erzählen, weil sowas meistens daraus besteht dass man irgendwo langgeht oder etwas sagt und der Regisseur sagt: “Das war schön, total super, kannst du das nochmal machen?” oder wahlweise “Genau das Gleiche nochmal, nur ohne (oder wahlweise mit) xyz”.

Viel aufregender ist hingegen der Aufenthalt in einem Hotel, insbesondere weil es selten genug vorkommt, dass ich in einem richtigen Hotel übernachte. Genau genommen ist es erst drei Mal vorgekommen. Dieses Mal gab es einen einzigen Morgen innerhalb von zwei Wochen, an dem ich einmal länger schlafen durfte. Doch wie man sich schon denken kann wurde daraus leider nichts.

Um Punkt sieben Uhr wurde ich durch das Geräusch einer neben meinem Bett aufheulenden Kettensäge brutal geweckt. Diese einmalige Gelegenheit nutzten nämlich einige durchtrainierte und enthusiastische Herren, um im Innenhof genau vor meinem Fenster im Erdgeschoss einen Baum zu fällen. Dabei riefen sie sich lautstark Beschimpfungen, Befehle und derbe Witze zu, die ich nicht dadurch anheizen wollte, dass ich im leichten Nachtgewand am Fenster erschien. Mit dem Kissen über dem Kopf hoffte ich also auf das Ende der Operation. Jedes Mal, wenn das Geräusch erstarb, dachte ich dass es nun ausgestanden sei und dämmerte wohlig in die Stille hinein, nur um Sekunden später wieder rücksichtslos von der Kettensäge wachgebrüllt zu werden. Offenbar gab es viele Äste zu kappen.

Der Baum fiel endlich um zehn Uhr auf das Signal meines Weckers hin. Ich begab mich in den Frühstücksraum. Auf die Frage wie ich denn geschlafen habe anwortete ich: “Ganz vorzüglich”, was ja auch bis sieben Uhr durchaus den Tatsachen entsprochen hatte, nachdem ich durch die in drei Nächten gesammelte Erfahrung endlich den Dreh raushatte, wie ich aus dem Hotelkissen und meiner Jacke eine akzeptable Schlafunterlage fabrizieren konnte.

Ich war spät dran zum Frühstück, und die Servicekraft deckte bereits für den Restaurantbetrieb ein. Sie nahm einige Weingläser herunter und platzierte mich vor einer blütenweissen Tischdecke. Zu Tischdecken habe ich ein gestörtes Verhältnis. Sobald ich mich an einen frisch eingedeckten Tisch setze, ist die Tischdecke nach spätestens fünf Minuten völlig versaut. Dabei mache ich gar nichts! Krümel, Tee und Marmeladenkleckse fliegen, jeglichen Gesetzen der Erdanziehungskraft spottend, wie von selbst am Tellerrand vorbei und landen auf dem Tischtuch, so als würden sie magisch davon angezogen.

Hin und wieder werfen Menschen mir Unachtsamkeit und mangelndes Geschick vor, weswegen ich neulich einfach mal überhaupt nichts gemacht habe. Mit den Händen unter der Tischplatte saß ich einfach nur da und starrte auf meinen Teller. Als schließlich jemand den Teller wegnahm, zeichneten sich auf dem Tischtuch deutlich zwei frische Soßenflecken ab.

Category: Essen, Job, Reise Weise | Leave a Comment

Ein neuer Anfang

Mittwoch, Februar 03rd, 2010 | Author:

Das Problem beim Bloggen ist, dass man im Grunde doch nicht schreiben kann, was man will. Zumindest dann nicht, wenn Freunde, Kollegen und Verwandte die URL kennen. Es ist auf keinen Fall so, dass ich das Bedürfnis hätte, tüchtig über alle meine Lieben herzuziehen oder öffentlich in die Tiefen meines Sexuallebens abzutauchen. Nur muss man selbst über die kleinsten Kleinigkeiten Stillschweigen bewahren, da sich sonst jemand auf die Füße getreten fühlt.

Wenn man zum Beispiel zum Tee besucht wird, gibt es Frauen, die beim Reden den Faden des Teebeutels ein Dutenzendmal um den Henkel der Tasse wickeln. Statt nach drei Stunden Quatschen und sieben Tassen Tee das Zeug einfach in die Spülmaschine zu stellen, ist man anschliessend noch eine halbe Stunde beschäftigt, die Teebeutel wieder abzuwickeln. Darüber darf man sich dann aber nicht amüsiert schriftlich äußern, da betreffende Freundin sofort weiss, dass sie gemeint ist, und unglaublich beleidigt ist. Beteuerungen, dass man das Ganze eher allgemein gemeint hat und sich wirklich nicht daran stört und deswegen auch nichts gesagt hat und überhaupt nichts lieber tut als mit ihr stundenlang Tee zu trinken und sowieso selbst schuld ist wenn man seinen Gästen ollen Beuteltee vorsetzt, werden nicht akzeptiert und man darf hinfort seinen Tee alleine trinken.

Wenn es also schon so ist, wie soll man dann die Teebeutelfäden des eigenen Lebens, die wirklich wichtigen Dinge, die einen bewegen und dem Leben neue Wendungen geben, literarisch entwirren ohne anzuecken oder sich blosszustellen? Und doch sind für diesen Blog und den geneigten und mir unbekannten oder bekannten Leser doch gerade diese Dinge am wertvollsten. Deswegen soll es im nächsten Eintrag einen kleinen Einblick in meine Spülmaschine geben, auf das was gewesen ist und noch kommen mag.

Category: Fast Wichtiges, Weisheiten aus dem Löffel, wies so geht | Leave a Comment