Home

Die Kunst des Essayschreibens

Samstag, Oktober 11th, 2008 | Author:

Ich sitze hier und schreibe an meinem Essay über die “distinguishing features of digital and new media art”. Nun gut, das ist gelogen, ich gebe es ja zu. Ich schreibe diesen Blogeintrag, nicht meinen Essay.

Es ist nicht so als wuerde ich die “distinguishing features of digital and new media art” nicht kennen, nein, ich weiss sogar so gut darueber Bescheid dass ich jetzt hier aus dem Stegreif eine zweistuendige Präsentation darueber halten könnte…(nicht dass ich Lust dazu hätte…). Nur mit dem Schreiben tue ich mich schwer. Es ist ja auch nicht so als koennte ich generell nicht ueber Dinge schreiben, im Gegenteil, ich schreibe ja an einem Buch (wenn ich denn Zeit dazu habe, was seit einem Jahr nicht mehr vorgekommen ist, aber ich habe immerhin schon 60 DinA4 Seiten in Schriftgroesse 12 ganz ohne Zeilenabstand! *bittelobtmich*) und in diesen Blog schreibe ich meistens so viel dass ich die Hälfte kürzen muss.

Ich habe in meiner Studienzeit viele Klagen darueber gehoert dass Leute zu viel schreiben und dann nicht wissen wie sie es kürzen sollen. Ich bin super im Kürzen, ich mag Kürzen, ich habe nur nichts zum Kürzen – weil es mir zumindest beim Essayschreiben fast nie passiert, dass ich zuviel schreibe. Es ist mehr so dass ich sehr langsam schreibe, Wort fuer Wort, und wenn ich nicht schon nach dem zweiten Satz mit Kürzen anfange, dann korrigiere ich mich zumindest. Wenn ich ein paar hundert Woerter habe, fange ich an, sie herumzuschieben und die Sätze zu sinnvollen oder sinnvolleren Kompositionen zusammen zu stellen, schliesslich muss das Endergebnis ja stimmen. Ich schreibe also langsam, oder überhaupt nicht, weil mein Kopf voellig damit überfordert ist darueber nachzudenken was ich denn jetzt wohl wo am besten wie schreibe ach ich glaub ich ess erstmal was. In solchen Situationen wunesche ich mir ein paar Zeugen Jehovas um mit ihnen über Agnostizismus zu diskutieren.
Somit habe ich heute die Hälfte des Tages damit zugebracht über die Kunst des Essayschreibens nachzudenken, und mir sind ein paar bedeutsame Erkenntnisse gekommen:

1. Die meisten Studenten die ich kenne schreiben nachts, was ich eklig finde. Ich fange immer morgens an zu schreiben, so gegen neun, weil das erstens gesuender und strukturierter ist und weil ich da am besten denken kann. Vielleicht ist das einfach falsch! Vielleicht ist Letzteres der absolute Grund spätnachts zu schreiben, nämlich dann, wenn das Hirn auf seinem Tiefpunkt ist und einem nicht mehr in die Arbeit pfuschen kann! Nietzsche hat auch morgens geschrieben, und der ist wahnsinnig geworden.

2. Wenn ich es schaffen koennte den kritischen Teil meines Hirns lahmzulegen, dann koennte ich vielleicht so tun als würde ich einen spontanen Vortrag über das Thema halten und einfach alles schriftlich heraussprudeln was ich so weiss – kürzen kann man ja später immer noch.

3. Vielleicht bin ich nicht dazu gemacht, Essays zu schreiben, vielleicht sollte ich lieber Gärtner werden, wenn ich schon keine berühmte Sängerin, Zeichnerin, Fotografin, Filmemacherin, Moderatorin und Schauspielerin werden kann (obwohl das ja noch nicht feststeht…). Und was kann man mit Essayschreiben werden ausser Essayschreiber, was mir ja gar nicht liegt, weil ich es doof finde alleine wo rumzusitzen und mir das Hirn auszuwringen? Nichtmal Manager kann man werden damit. Und wenn doch ist das auch egal, weil ich ja auch kein Manager werden will, sondern Künstlerin, was genauso brotlos ist wie Essayschreiber/in. Ich weiss ich hätte Jura studieren sollen, oder Medizin, ich glaube Beides würde mir fachlich wunderbar liegen! Aber dann müsste ich anfangen Perlenohrringe zu tragen und so zu tun als hätte ich sie alle beieinander, was ich nicht besonders lange durchhalte.

Nachdem ich dieses aus tiefstem Herzen ausgekotzt habe (wenn Herzen kotzen koennten, koennten Gäule die Bäume raufreiten) fällt mir ein dass ich mit der Essayschreiberei Intendantin vom WDR werden koennte, was ja zumindest schonmal ein Anfang wäre. Es neigt sich auch schon auf die späte Nacht zu (viertel vor neun, gestern ist es doch ziemlich spät geworden…) und ich koennte unter Berücksichtigung von Erkenntnis 1 und Ausfuehrung von Erkenntnis 2 mit Hilfe eines Glases Rotweins meinen Essay fortsetzen und Erkenntnis 3 so lange verdrängen bis das Studium vorbei ist.

Tags »

Trackback: Trackback-URL | Comments Feed: RSS 2.0
Category: UNI (nteressant)

You can leave a response.

4 Responses

  1. 1
    Ma 

    Kind, wenn deine Essays so sind wie deine Blogs, dann werden es Bestseller!
    Du hast ein Riesentalent – nutz es und mach, was dir Spass macht, was du GERNE machst auch wenn Essays grade ein notwendiges Übel auf dem Weg sind….Nach dem Studium kannst du eh machen, was du willst!
    Ausserdem wer sagt, dass Essays immer staubtrocken sein müssen?

  2. 2
    Velaskin 

    … dem kann ich mich nur unwiderruflich und nachhaltig anschliessen ;-)

  3. 3
    Tom 

    es gibt, jedenfalls bei mir, so eine selbstbeobachtung, die sozusagen seit jahren in einem stetigen verifizierungsprozess ist und da sagt: arbeit am besten ab früh, ideen abends. gute ideen nachts und mit promille. die aber unbedingt morgens (oder mittags…) nochmal nachlesen!
    lg nach unten
    Tom

  4. 4
    admin 

    Hört sich nach einem guten Plan an…!

Leave a Reply