Tangoqueen
Freitag, September 05th, 2008 | Author: admin
Ein gewisser Wagemut hat seine guten Seiten, denn ohne denselben ware ich wohl nicht mit meinem Freund zusammen. Dieser ist nämlich mit der stoischen Ausgeglichenheit eines Schafs gesegnet und wollte sich in der recht einseitigen Initiationsphase unserer Beziehung weder durch verschämtes Gekicher, unverschämtes Starren noch durch schamlose Bemerkungen aus der Ruhe bringen lassen.
Ich bin in Freud’s Theorie nicht so gut bewandert, aber ich kann mir vorstellen dass Extrovertiertheit auf ein ausgeprägtes “Es” hindeutet, während hinter Introvertiertheit eher eine unterdrückte Bedürfniswelt steckt. Ich bin vermutlich eher extrovertiert, da recht gerne als Erstes am Buffet. Das hat einen einfachen Grund: Man kriegt einfach mehr!
Was passiert also, wenn eine gute Fidel-Band kundtut dass das nächste Lied ein Tango sein wird und das beste Tanzpaar eine CD bekommt? Gar nichts, es bleiben nämlich alle sitzen und starren auf die halbdunkle Fläche vor den Stuhlreihen weil keiner sich traut zu tanzen. Ausser mir natürlich. Festen Schrittes gehe ich nach vorne, ergreife meinen Schal in klassischer Tanzpose mit ausgestrecktem Arm und beginne mit gebeugten Knien und feierlichem Gesicht im Rhythmus der Musik das Parkett abzuschreiten. Verhaltenes Luftanhalten und Wispern in der Menge.
Nahe an der Bühne steht ein junger Mann mit einem Bier in der Hand. Er scheint beeindruckt, betritt aber die Tanzfläche mit einem Habitus, der keinen Zweifel daran lässt dass er es mit mir aufnehmen will. Er prostet mir zu und fordert mich damit quasi zum Tanz auf.
Ohne uns zu berühren tanzen wir nun minutenlang umeinander herum, aneinander vorbei, nebeneinander und miteinander. Dabei wandert das Bierglas als Ersatz für die unerlässliche Tangorose zwischen und hin und her, es entspinnt sich ein kleines Spiel und die Luft im Raum fängt spürbar an zu knistern. Hinterher geben wir uns die Hand, aber geredet habe ich kein Wort mit ihm.
Erst am Ende des Liedes gibt die Band zu dass es hinterhältig ist Leute zum Tanzen aufzufordern und dann ein sieben Minuten langes Stück zu spielen. Dafür bekommen wir johlenden Applaus und jeder eine CD.
Genau so und nicht anders! Pastewka lässt grüßen!
Bööööööööh!
Daumen hoch!