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Bachelor

Dienstag, September 29th, 2009 | Author:

Ein Blatt Papier

auf dem dann steht

dass man sich um sich selber dreht

und man (besonders toll)

den Fleißweg geht.

Und dann? Noch mehr Papier? Wohin solls gehn?

Wen interessierts? Es scheint auch jetzt

keinen Unterschied zu geben.

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Internet!

Montag, September 28th, 2009 | Author:

Ich habe wieder Internet! Richtiges, schnelles Internet! Toll. Vielleicht auch bald wieder mehr in diesem Blog…

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Vitamin B online

Sonntag, September 27th, 2009 | Author:

Ein Freund von mir, Oliver, ist wegen eines Verbrechens angeklagt worden das er nicht begangen hat. Eine fiese Geschichte, insbesondere weil es sich bei dem Kläger um ein Familienmitglied handelt welches aus der Verurteilung persönliche Vorteile ziehen würde (was nebenbei auch der Grund für diese hinterhältige Aktion ist).

Nach einigen Gutachten sollte wegen mangelnder Beweislage kein Verfahren stattfinden, doch der Kläger möchte das Verfahren erzwingen, und nun steht Aussage gegen Aussage. Der arme Oliver findet aufgrund des laufenden Gerichtsverfahrens natürlich keine vernünftige Lehrstelle, obwohl er ein kluger und engagierter Kopf ist, und hat nun einen 1-Euro-Job in der Landschaftspflege. Wenn er verurteilt werden sollte, um ein Exempel zu statuieren oder aus sonstigen Gründen, drohen ihm vier Jahre Knast.

Seine missliche Lage hat Oliver auch seinen Freunden aus dem Internet erzählt, mit denen er seit vielen Jahren Online Rollenspiele spielt. Einer seiner langjährigen Spielkameraden, mit dem ganze Nächte durchgezockt und im Chatroom verbracht hatte, konnte ihm etwas Trost spenden.

Dieser Spielkamerad ist nämlich Gefängnisdirektor, und obwohl er zwar keine Verurteilung verhindern könnte, versprach er Oliver im Falle des Falles dafür zu sorgen, dass er zu ihm ins Gefängnis käme und dann wenigstens auf Schutz und gute Behandlung vertrauen könnte…

Das nenn ich mal Licht im Dunkel. Das Onlinebeziehungen genauso eng und verlässlich sein können wie Offlinebeziehungen ist sowieso schon lange bewiesen, aber das find ich ein schönes Beispiel.

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Generation Y

Samstag, September 19th, 2009 | Author:

Soziologen und Marketingfachleute nennen uns gerne “Dschänöräischen Uai”. Wir, das sind die Kinder, die ohne Krisen und Kriege aufgewachsen sind. Wir sind die “Kohl-Kinder”, nicht deswegen weil nur Kohl auf den Tisch gekommen wäre, sondern weil wir bis in unsere späten Teenager-Jahre hinein unter einer fast fatal stabilen Regierung leben durften. Wir sind die Kinder der Baby-Boomer, die bisher Gesellschaft und Wirtschaft fest im Griff hatten. Wir profitieren vom wirtschaftlichen Erfolg unserer Eltern und, im Gegensatz zur etwas perspektivlosen Generation X, können und dürfen wir alles.

Ja, wir haben es schon gut. Wir können studieren und ins Ausland gehen, sieben Praktika machen oder eine Weltreise, falls wir uns nach dem Bachelor noch nicht entscheiden können. Mama und Papa sitzen stolz zu Hause und erzählen den Nachbarn dass er Sohnemann gerade in London studiert oder durch Australien reist. Wir sind Mama’s und Papa’s kleine Statussymbole, und je mehr wir erleben und reinpacken in unser Leben, desto stolzer sind sie.

Überhaupt haben wir so viele Möglichkeiten wie keine Generation zuvor. Selbst wenn das Geld knapp ist, stehen uns Wege in alle Richtungen offen. Wir haben keine Angst mehr vor Hierarchien, wir sind mit jedem Chef per du, lieben die Herausforderung und sind auch selbstbewusster als jede Generation vor uns. Das alles denkt man so über uns, aber in Wirklichkeit ist es schwieriger als man meinen sollte.

Wir machen keine Praktika weil das so viel Spaß macht, sondern weil wir einen Weg suchen und weil wir müssen. Es ist nicht mehr so einfach einen Job zu finden. “Warum bewirbst du dich denn nicht einfach?” fragen völlig verständnislose Eltern, die in einer Zeit aufgewachsen sind, als man noch die Stellenanzeigen in der Zeitung durchsucht hat. In einem völlig zerfaserten System, in dem alle wichtige Arbeit eigentlich von Maschinen erledigt oder grauenhaft bezahlt wird, versuchen wir uns zu profilieren. In unseren Bewerbungen steht dass wir alles können und alles wollen. Aber unser Zeitplan ist nicht so voll, weil wir so unersättlich sind, sondern weil man von uns erwartet, dass wir alles wollen und erreichen. Dabei scharrt die Generation nach uns schon mit den Hufen, nur dass die nächste Generation noch cooler ist und alles worauf wir so stolz waren schon im Grundschulalter lernt.

Wir wissen nicht, was wir wollen, weil alle wollen, dass wir alles wollen. Was sind wir noch wert, wenn wir kein Auslandssemester, kein Praktikum, keine Spanischkenntnisse haben, kein Yoga machen und Skifahren während wir uns gleichzeitig ehrenamtlich engagieren und schon sieben Jahre Berufserfahrung gesammelt haben? Und egal was wir machen, es macht die Sache nicht einfacher. Es ist Standard geworden, alles gemacht zu haben. Und dann stehen wir da und können uns nicht entscheiden. Weil es so viele Wege gibt und keiner begehbar aussieht. Weil wir uns immer noch etwas besser auf irgendetwas vorbereiten wollen, von dem wir nicht wissen was es ist und ob wir es je erreichen.

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Frühstück

Montag, September 14th, 2009 | Author:

Wie gemein ist das denn, wenn man morgens aufsteht und auf seinem Frühstücksplatz eine Praline findet? Wo eine ist sind schließlich noch mehr, und wenn der Mann Pralinen eingekauft hat, dann findet man die auch. So hat man schon vor dem Frühstück vier bis fünf dicke Schokokugeln intus. Vielleicht wollte er mich auch nur darauf aufmerksam machen, dass er einkaufen war… ;-)

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Bohrmaschinenqueen

Freitag, September 11th, 2009 | Author:

Nun habe ich zumindest ersatzweise Internet (danke für den Tipp, Andi). Das Auto ist nur haftpflichtversichert und die Scheibe muss ausgetauscht werden, die Domain gehört immer noch jemand anderem, die Geheimagenten an meiner Universität verweigern mir bislang aufgrund eines Registrierungsfehlers das ‘cum laude’ und der Trommler trommelt circa sechs Stunden am Stück jeden Tag, was zwar gesagt werden muss aber eigentlich nicht schlimm ist, weil es mich nicht sehr stört und ich es vielmehr extrem bewundernswert finde, wobei ich nicht wissen möchte was für Drogen an dieser Leistung beteiligt sind.

Langsam lichtet sich auch das Chaos in der Wohnung, so dass man den Kamin bald vielleicht auch sehen kann und er nicht durch Kisten verdeckt wird. Ich darf mich jedenfalls mit Fug und Recht bald als Bohrmaschinenqueen bezeichnen. Fast hab ich mich schon an die drei Quadratmeter voller Werkzeug in unserer Küche gewöhnt…

Da wir ja nun einen Kamin und eine große Küche haben und die Zeit der Gemütlichkeit immer näher rückt, haben Io und ich beschlossen uns nicht daran zu stören dass wir nicht auf dem Land wohnen, und allerlei Früchte mit Schnaps aufgesetzt. Man muss ja vorsorgen und sich ein wenig Sommer in die karge Zeit mitnehmen. Aus dem Garten von Ios Eltern wurden wir mit massenweise Johannisbeeren versorgt, die nun mit Kandiszucker, Fenchelsamen und Anis in Korn eingelegt auf der Fensterbank stehen. Als Experiment haben wir zusätzlich noch einmal Mango mit Chili aufgesetzt, einmal Brennesseln mit Walnüssen und in einem anderen Gefäss Datteln mit frischer Minze und Kardamon. Das Ganze muss nun mehrere Wochen lang stehen. Ich bin sehr gespannt…

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Bad Hair Day

Dienstag, September 08th, 2009 | Author:

Ich bin ein ganz klein bisschen verzweifelt.

Zu versuchen eine Bestätigung über meinen Bachelorabschluss zu erhalten (den ich schon im Juni gemacht habe), ist in etwa so, wie geheime Dokumente vom FBI zu verlangen. Alle tun so als wüssten sie von nichts und als hätten sie nichts damit zu tun und wären schon gar nicht für irgendetwas verantwortlich, man wird sich bald um mich kümmern, punkt. Zusätzlich erschwert der ausländische Stützpunkt die Kommunikation.

Ohne Bachelorzeugnis kann ich mich nicht in den Masterstudiengang einschreiben, einschreiben kann ich mich sowieso nur an einem Zufallstermin bis Ende September, der mir per Bonausdruck mitgeteilt wird, den Bon kann ich natürlich erst holen wenn ich auch die nötigen Unterlagen zur Hand habe um den mir dann mitgeteilten Enschreibungstermin wahrzunehmen. Mich mit Stundenplänen, Literaturbestellungen, Vorbereitungen und sonstigen Details des Studiengangs auseinandersetzen kann ich auch nicht, weil ich ja nicht eingeschrieben bin. Die Vorlesungen beginnen in drei Wochen.

Das Internet und seine Datenbanken, Verträge, Domains etc. haben sich zu einer undurchdringlichen bürokratischen Firewall aufgebaut, durch die ich nicht mehr durchsteige. Bis zum Wochenende muss ich eine neue Internetseite gemacht haben, aber die Domain dafür ist bereits vergeben an jemand aus Obertupfing, der nicht mehr in Obertupfing wohnt und auch keine email-Adresse hat und vermutlich 70.000 Mark für die Domain haben will.

Am Wochenende muss ich auf einem mittelalterlichen Markt in Hintertupfing Leute bespaßen während um mich herum gerade nichts so richtig funktionieren will, und wenn jemand fragt ob ich eine Internetadresse habe sage ich: Ja, aber die gehört jemandem aus Obertupfing und deswegen kann ich sie nicht sagen. Für eine andere Internetadresse und überhaupt für irgendwas muss ich erst siebzehn Verträge ausfüllen und an mir unbekannte Personen schicken die dann Geld von meinem Konto abbuchen damit ich dann weinend vor doofen Datenbanken sitzen kann. Vorausgesetzt ich hätte Internet und müsste nicht bei Io auf der Arbeit sitzen wo man wie im Krankenhaus immer flaues Sprudelwasser in grünen Flaschen und ein Glas neben sich stehen hat.

Mein Zuhause ist meilenweit weg von meinen Freunden, bevölkert von Irren und Junkies, ein Elfenbeinturmzimmer in Mordor, der Maschinenlärm erinnert einen beständig daran. Selbst die Stille ist trügerisch und angsteinflössend. Zugegeben, das ist ein bisschen schwarzgemalt und möglicherweise kann ich mit dem bisschen Gewummer ab und zu und dem Rauch aus dem Flur umgehen lernen. Die Leute sind ja auch eigentlich ganz nett.

Mein Auto (das ja auch nicht mal meins ist) hat einen bösen Steinschlag in der Windschutzscheibe, aber Vollkaskoversichert bin ich glaube ich nicht. Überhaupt, da muss man sich wieder mit dem ganzen Versicherungszeug rumschlagen und mit Autoleuten, die sich immer vergeblich Mühe geben einem nicht das Gefühl zu geben man wäre ein kompletter Volltrottel der eben von nichts eine Ahnung hat.

Ich warte. Keine Ahnung was ich sonst tun soll. Zumindest sitzen meine Haare einigermaßen. Ein Bad Hair Day fehlt mir gerade noch.

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Geld

Montag, September 07th, 2009 | Author:

So hin und wieder wird man brutal darauf aufmerksam, wie weit die Welten auseinanderklaffen in denen Leute mit und ohne Geld leben. So zum Beispiel wenn bei “Frauentausch” das Luxusmodel mit der Metzgereifachfrau tauscht. Oder wenn ein knapp 18-jähriger in Lacoste-Hemd und Designerschuhen sein I-Phone rauszieht, das er sicherlich nicht mit Malerarbeiten verdient hat, sondern von Papa bekommen hat. Er kann nicht wissen was das wert ist, selbst wenn er den Preis kennt. Eine meiner ehemaligen Klassenkameradinnen bekam zum 18. Geburtstag einen BMW Z3, eine meiner ehemaligen Studienkolleginnen musste abbrechen weil sie sich die Gebühren nicht leisten konnte. Ein guter Freund von mir fuhr jeden Tag über 100 Kilometer mit dem Fahrrad und ernährte sich tagelang von Toastbrot mit Nutella – für mehr reichte das Geld nicht.

Arm und Reich scheidet sich zum Beispiel an der Frage, ob man sich zehn Euro für ein Taxi leisten kann oder nicht. Es gibt Menschen, für die das niemals in Frage käme, für die 10 Euro eine Welt sind. Es gibt Menschen, die nicht einmal darüber nachdenken müssen, und für die selbst 100 Euro für einen Partyabend noch eine Selbstverständlichkeit sind. Es gibt auch die Menschen dazwischen – die sich manchmal ein Taxi leisten, die auch manchmal 100 Euro oder 1000 Euro für Dinge ausgeben, aber die eben auch darüber nachdenken müssen.

Geld macht Dinge mit Menschen. Kein Geld zu haben auch. Natürlich würden die meisten Menschen, wenn sie die Wahl hätten, ein Leben mit viel Geld ohne Nachzudenken vorziehen. Die Vorteile sind schließlich unübersehbar: finanzielle Sicherheit, gutes Essen, tolle Kleidung, materielle Lebensqualität, Mobilität, soziale Bevorteilung… Aber Geld hat nicht nur Vorteile. Denn die Freiheit und das Ansehen, die man dadurch gewinnt, sind in den meisten Fällen nicht umsonst. Geld ist nämlich vielfach nur etwas wert, wenn man die Leute um einen herum davon überzeugen kann, das man genug Geld hat und einflussreich und vertrauenswürdig ist. Man bezahlt dafür mit Etikette, und dem gesellschaftlichen Zwang bestimmte Dinge tun zu müssen und bestimmten Trends zu folgen um sich dieses Ansehen zu erhalten.

Neulich hat mich etwas nachdenklich gemacht. Im Einwohnermeldeamt sah ich einen Menschen sitzen, der nicht besonders viel Geld hatte. Er frühstückte Walnusseis aus der Dose. Das sah mir nach einer freien Entscheidung aus, und ich war ein bisschen neidisch. Selbst mit gerade genug Geld in der Tasche hatte ich das Gefühl, mir das nicht erlauben zu können. Nicht das, um diese Uhrzeit und schon gar nicht in einem öffentlichen Gebäude.

Wer arm ist, hat Narrenfreiheit. Kein Geld zu haben dient oft als Entschuldigung dafür, sich daneben zu benehmen, andere für sein Unglück zu beschuldigen oder einfach nur Eier aus Bodenhaltung und Fleisch aus Massentierhaltung zu kaufen weil es billig ist, auch wenn das Nachdenken über Alternativen und das Einschränken des Konsums vielleicht moralischer wäre.Dann sah ich, das das es das billige, fiese, zusammengepanschte Walnusseis von der Firma x war, nicht das unglaublich leckere Markeneis aus Milch von glücklichen Kühen und Walnüssen von glücklichen Bäumen. Das war mit Sicherheit keine freie Entscheidung.

Einerseits kann man es sich mit mehr Geld natürlich eher leisten, sich für Umwelt und Mitmenschen zu engagieren, umweltschonende Dinge zu kaufen und zu spenden. Auf der anderen Seite ist man jedoch auch anfälliger dafür, sich doch den dicken, tollen Wagen zu kaufen, den Tropenholztisch, den Pelzmantel, den seltenen Fisch zu essen und Menschen die weniger Geld haben zu “kaufen”, in welcher Form auch immer – schließlich hat man es sich verdient, und will auch nicht immer ein schlechtes Gewissen dafür haben, dass man es sich leisten kann, mal eben mit dem Wagen zu fahren statt zu Fuß zu gehen und weder auf die Wasser- noch die Stromrechnung zu achten. Man vergisst, was eine Tüte Milch kostet, und vielleicht hat man es auch nie erfahren. Für einige Menschen ist Geld eine solche Selbstverständlichkeit, dass sie völlig gedankenlos damit umgehen und meinen, dass sie ein natürliches Recht auf all die Dinge haben, die sie erkaufen können.

Mit Geld kann man sich Träume erfüllen. Manche Menschen träumen davon, sich nicht zwischen einem Gucci- und einem Pradakleid (aus dem eigenen Kleiderschrank natürlich) entscheiden zu können, aber je mehr Geld man hat, desto geringer ist auch der “Mehrwert”. Träume sind keine Träume wenn man nichts dafür tun muss um sie zu erfüllen und sie selbstverständlich sind. Freundschaften scheinen durch Geld einfacher zu werden, aber die Wahrheit ist anders gelagert. Vielfach macht Geld die Menschen oberflächlicher, und die Einfachheit des Lebens echte Freundschaften nicht mehr so notwendig. Das merkt man allerdings in Krisenzeiten, dann, wenn das Geld knapp wird oder man wirklich mal mit jemandem reden muss. Die alte Volksweisheit, das Geld den Charakter verdirbt, ist vielleicht doch nicht so weit hergeholt.

Ich glaube, dass Geld eventuell glücklicher macht. Aber ich würde nicht mit jemandem tauschen wollen, für den es eine Selbstverständlichkeit ist. Ich hätte gerne genug um mich sicher zu fühlen, und ich möchte nie vergessen wie es ist keins zu haben, denn meine Freunde, Träume und moralische Integrität sind mir wichtiger. Außerdem möchte ich die Freiheit haben, an einem öffentlichen Ort auf dem Fußboden sitzen zu dürfen und Walnusseis zu frühstücken, mit genug Geld in der Tasche, um mir das Leckere zu leisten…

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Daitokai

Montag, September 07th, 2009 | Author:

Zu unserem mehrjährigen Beziehungsjubileum lud Io mich ins “Daitokai” in Köln ein, ein japanisches Restaurant, in dem das Essen am Tisch zubereitet wird. Als wir ankamen war es noch vollkommen leer, doch schon bald wurden zwei weitere Paare an unsere Tischplatte gesetzt und das Restaurant füllte sich. Die äußerst netten Bedienungen trugen Kimonos, die Verständigung haperte authentischerweise an manchen Stellen. Die ständigen Entschuldigungen sind auch eine kulturelle Eigenart der Japaner, die man als Westler nicht persönlich nehmen sollte.

Ein Menü im Daitokai kostet zwischen 50 und 60 Euro pro Person. Wir entschieden uns für das “Iroli Spezial”, das zwar etwas teurer war aber statt Sushi frisch zubereiteten Fisch bot. Io bestellte einen Aperitif mit dem klangvollen und passenden Namen “Samurai”, bei dem es sich um Whisky mit Pflaumenlikör handelte. Mein “Geisha-Cocktail” bestand aus mir unbekannten Zutaten und war mindestens genauso lecker.

Als Vorspeise gab es zunächst marinierte Lachsstreifen auf Gemüse, vorbereitet aus dem Kühlschrank. Der zweite Gang waren marinierter Thunfisch, Schwarzwurzeln mit Sesam und irgendeine Pastete, alles irgendwie farblos und aus dem Kühlschrank. Ich hasse pikantes Essen, das vorbereitet und kalt aus dem Kühlschrank kommt. Alles hat genau die gleiche Temperatur, die Aromen sind betäubt und die Geschmacksnerven lassen sich leichter täuschen. Ausserdem weiss man nicht, wann das Ganze zubereitet wurde. Es schmeckt immer nach Flugzeugessen, das, egal wie viel Mühe der Koch sich gegeben hat, eben immer nach Flugzeugessen schmeckt. Wenn man mir genau das Gleiche in einer Kantine vorgesetzt hätte, ich hätte mich sicherlich nicht gewundert.

Dann jedoch wurden wir für unsere Geduld belohnt. Feinstes, saftiges Lachfilet, frische Garnelen und Jakobsmuscheln wurden mit etwas Gemüse von einer hübschen, nervösen jungen Japanerin in Kochuniform (und amüsanterweise mit einem Hanfblatt als Gürtelschnalle) fachkundig zerlegt und vor unseren Augen auf der Platte gebraten. Auch die Soße reduzierte sie auf der Platte mit Butter und Bratensaft. Es war nicht nur ein Augenschmaus, die Zubereitung des Essens zu sehen ohne dabei selbst einen Handschlag tun zu müssen, auch geschmacklich war es grossartig. Besonders der Lachs war zum Niederknien, und die Portion war dazu grosszügig bemessen.

Dementsprechend satt fühlten wir uns danach, doch man liess uns genügend Zeit um neuen Appetit zu entwickeln. Am Salat gab es nichts zu meckern, aber er half nicht wirklich dabei und raubte trotz meiner Grünzeugdisposition meiner Meinung nach nur wertvollen Magenplatz, weshalb ich ihn stehen liess. Langweilig wurde die Zwischenzeit überhaupt nicht, weil es ständig etwas zu sehen gab. Nicht ein einziges Mal musste ich meinen Wein selbst nachschenken, und nur die beständigen Entschuldigungen des Kellners der dieses tat verursachten mir ein schlechtes Gewissen dafür…

Als Hauptgericht hatte ich Ente in Orangen-Teriyaki-Soße und Io hatte Schwertfisch gewählt. Dazu gab es Gemüse und Reis. Beides war frisch und absolut köstlich, ohne jede Einschränkung. Aufgrund unserer Beobachtungen liessen wir unseren Nachtisch gegen einen Aufpreis “upgraden”. Auf der Platte wurden kleine Crepes aufgewärmt, Eis angeschmolzen und beides flambiert. Die Köchin stach ein kleines Herz aus einem der Crepes, und legte ihn so auf das mit Fruchtsoße begossene Eis, das ein rotes Herz in der Mitte blieb. Das ausgestochene Crepestück legte sie als helles Herz auf die andere Portion. Dazu gab es frische Früchte, mit angeschmolzenem Eis übergossen. Ein Traum, der trotz unseres Sättigungsgrades zur Gänze vernichtet wurde.

Am Ende waren wir sehr satt und und sehr sehr glücklich. Wir würden jederzeit wieder hingehen und zum Kennenlernen war das Menü äußerst gut. Beim nächsten Mal würden wir uns jedoch vielleicht trotzdem die Mühe machen und uns selbst ein Menü zusammenstellen, wobei ich persönlich die Flugzeuggänge vermeiden würde.

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Ruhrpottblues 2

Montag, September 07th, 2009 | Author:

Kurt hatte Donnerstag einen schlechten Tag. Zumindest nehmen wir das an, da er uns per Bassregler eine mehrstündige und leider sehr geräuschvolle Fussmassage verpasst hat. Möglicherweise war es aber auch nur die Einleitung zum Wochenende. Ich weiss nicht ob es gut oder schlecht ist, dass Kurt sich zumindest an die Ruhezeiten hält und nach zehn sowie Sonntags leise dreht, hören tut man das Gewummer nämlich leider immer noch. Auch als ich Samstag morgens um sechs Uhr wach wurde und Gewummer vernahm, platzte mir fast der Kragen, obwohl es nicht sehr laut war, nur eben immer ein bisschen da.

Io und ich diskutierten ob wir, solange die meisten Kisten noch zusammengepackt sind, einfach direkt wieder ausziehen oder ob wir lernen könnten damit umzugehen. Gegenüber vom Haus gibt es den Zenkreis e.V., dort könnte man innere Ruhe lernen. Oder man nimmt es als sportliche Herausforderung und geht Laufen wenn einen die Wut packt. Gegenlärmen ist jedenfalls keine Alternative, auch wenn wir einige üble Platten, fette Subwoofer, einen exzellenten Verstärker und den Vorteil der Box-Bodennähe zur Verfügung hätten. Besser ist es wahrscheinlich wenn wir Kurt einfach mal auf ein Bier einladen und ihn nett fragen ob er zumindest den Bass rausdrehen kann. Wir hoffen auf Verständnis weil Kurt selbst nämlich äußerst lärmempfindlich ist was Palaver im Treppenhaus angeht, und wir haben schon vermutet dass er die Musik nur als Gegenmaßnahme zum Drummer von unten aufdreht.

Der Drummer von unten ist leicht aggressiv, sieht aus wie Rob Zombie, hat alle seine Fenster mit psychedelischen Mustern zugemalt, verkauft dem Anschein nach Drogen an Halbwüchsige die verschüchtert durch den Hausflur tapsen, und trommelt täglich mehrere Stunden am Stück. Zum Glück bekommen wir in unserer Wohnung kaum etwas davon mit.

Die Wohnung selbst wird immer schöner, traumhaft sogar, aber zur Zeit packe ich nur leicht verhalten die Kisten aus…

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