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Terrorbiene

Freitag, August 28th, 2009 | Author:

Es ist viertel vor fünf morgens, und ich bin wach. Ja, jetzt gerade. Ich wurde geweckt von einem summenden, vibrierenden Geräusch, das in schnellen Kadenzen auf und ab brummte. Ein Insekt musste durch mein gekipptes Fenster hineingekommen sein und sich zwischen Fensterfront und geschlossenem Vorhang nun in unerwarteter Gefangenschaft befinden. Darüber erbost brummte das Insekt wie wild hin und her und suchte danach einem Fluchtweg. Dem Geräusch nach zu urteilen musste es ein größeres Insekt sein, eine große Fliege oder noch eher eine Biene. Es war so laut, dass es sogar eine Hornisse sein könnte, die nun immer giftiger und wütender zischend herumsummte.

Den Vorhang zu öffnen und das Tier komplett ins Zimmer zu lassen kam nicht in Frage. Auch das Fenster durch den Vorhang zu öffnen war zu riskant, je nachdem was für ein Tier es war, würde es mich in seiner Wut und Verzweiflung angreifen und zu Tode stechen. “Naja, irgendwann muss das Viech ja mal müde werden und sich zumindest ein bisschen abregen.” dachte ich so bei mir. Doch das Gesumm wurde immer lauter, immer wilder, aggressiver und zischender. Es klang fast schon metallisch. Plötzlich kamen mir Zweifel auf, ob es sich wirklich um ein Insekt handelte. In der Brummmelodie waren nämlich gewisse Regelmäßigkeiten zu erkennen, und je lauter das Geräusch wurde, desto eher ließ sich der Ursprung außerhalb meines Zimmers lokalisieren.

Da brüllt jemand in ein Megaphon! Um viertel vor fünf! Es sind irgendwelche Parolen, die sich ständig wiederholen. Ein CDU-Wahlwagen, der sich auf der großen Hauptstraße entlangschiebt und die Bürger möglichst früh erreichen möchte? Ich wollte wissen ob das, was dieser Kerl zu sagen hat, die Störung meiner empfindlichen Nachtruhe rechtfertigt und öffnete nun das Fenster. Es war jedoch einfach nur laut, verstehen konnte man allerdings nichts, nur sinnloses Gebrumme und Genöle. Nichtmal über die Sprache war ich mir sicher.

Nach kurzem Zuhören wurde eindeutig, dass es sich um eine arabische Sprache handelt. Die Muslime beten auch zu früher Stunde, aber das war nun wahrlich nicht der wohlklindende Gesang, der normalerweise zum Gebet ruft. Terrorpredigten oder Wahlwerbung für eine Partei, die Bürger mit Migrationshintergrund für sich gewinnen möchte? Was schreit er? “Fackelt die Scheissstadt ab, fackelt die Scheissstadt ab!” oder “Mehr Mülltonnen und Kindergärten für das Ostviertel! Mehr Mülltonnen und Kindergärte für das Ostviertel!” ??? Fragen über Fragen. Wenn ich jetzt rausgehe, fliegen mir dann Kugeln oder Fladenbrote um die Ohren? Soll ich die Polizei anrufen und mal freundlich fragen ob es sich um eine genehmigte Veranstaltung handelt?

Da Geräusch ist zu einem Wispern verklungen. Es ist jetzt halb sechs und ich bin sehr sehr wach. Ich könnte beginnen meinen Schrank abzubauen, denn morgen ziehe ich um. Ich könnte es auch sein lassen.

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ähm…ja

Montag, August 24th, 2009 | Author:

Soeben rief übrigens ein  Mitarbeiter des Bauhauses an: Man habe den Schaden an der Maschine kontrolliert, wir seien -entgegen voriger Anschuldigungen- unschuldig und das Versagen des Gerätes -wie von uns vermutet- auf einen Wartungsfehler zurückzuführen. Dementsprechend könnten wir nun die Kaution abholen.

Io bedankte sich und verzichtete darauf, den Mann darauf hinzuweisen, dass wir dies nach einem Gespräch mit der Geschäftsführung über diese Unverschämtheit bereits getan haben.

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massive mudcake baby

Montag, August 24th, 2009 | Author:

Unter Kurt wohnt Benno. Benno hat auch lange blonde Haare, sieht fast genauso aus wie Kurt und hat eine Landgothic-Freundin ( Landgothics mögen Rockmusik, sind einfach, bodenständig, fahren auf Festivals und sind trotz rotgefärbter Haare ansonsten eher spießig und tragen Brillen zu Pannesamtkleidern oder Metalshirts). Grundsätzlich eine symphathische Angelegenheit, man muss sich nur bisweilen vor zu einfachen Weltbildern oder gesellschaftlicher Verbitterung in Acht nehmen.

Mein Handgelenk tut vom Akkord-Anstreichen weh, genauso wie der Rest meines Körpers. Zum Glück habe ich bald eine Badewanne, in die ich mich hineinlegen und dank rockiger Nachbarn in satten Dezibeln ‘Massive Attack’ aufdrehen kann. Konträr zum ersten Eindruck des Namens ist das kein Gehämmer sondern  ernst zu nehmende Badewannenmusik.

Ich habe es aber tatsächlich geschafft noch ein wenig Ferien zu machen: Mit dem Motorrad ins Freibad, zwei Lagerfeuernächte, ein extrem schokoladiger Schokokuchen und ein neues (zugegeben wieder leicht niveauloses aber spaßiges) Lied, in dem es um eben diesen Schokokuchen geht: “Chocolate mudcake baby”.

I had it on you baby/you had in on me babe/we had it on each other all nigt long/ we had some chocolate mudcake baby/so sweet and sticky baby/chocolate mudcake and some redwine from your bellybutton baby.

You gave it to me baby / right from the oven baby / made me salivate yeah / hot and fresh chocolate mudcake / chocolate mudcake baby/so sweet and sticky baby/chocolate mudcake and some redwine from your bellybutton baby.

When the sun rose you said / stay for breakfast lady / I’ll make you tea and we’ll have sweet and sticky chocolate mudcake / chocolate mudcake baby/so sweet and sticky baby/chocolate mudcake and some tea with milk and sugar baby.

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Mietergeschichten

Mittwoch, August 19th, 2009 | Author:

Auf eine ‘freundliche’ Mail hin hat der stellvertretende Herr Bauhaus angerufen und sich aufs äußerste entschuldigt. Die Kaution und die Leihgebühr für das nichtfunktionierende Gerät bekämen wir selbstverständlich und sofort zurückerstattet… “Selbstverständlich” und “sofort” war dann zwar etwas übertrieben, aber wir bekamen die einbehaltenen 200 Euro und die Leihgebühr zurück.

Der letzte “Besuch” der “Wohnung” war recht aufschlußreich. Anführungszeichen deswegen, weil Besuche normalerweise entspannter sind und der Gebäudeteil ein wenig zu zerfallen und ranzig ist um es als Wohnung ohne Anführungszeichen zu bezeichnen. Uns steht – neben tapezieren, streichen, lackieren, reparieren und installieren  – noch das Anschleifen und Streichen von sieben stickerbeklebten, fettverdreckten, abblätternden Türen bevor. Die vorigen Bewohner müssen sich anscheinend häufig gestritten und einander beim Flüchten durch die Türen Teller mit Spagetthi und Tomatensoße hinterhergeworfen haben, anders lassen sich die Flecken nicht erklären.

Besonders aufschlußreich war das zweite Zusammentreffen mit unserem neuen Nachbarn Kurt, der – wenn es nicht Samstagvormittag ist – doch erstaunlich zivilisiert ist und sich neben mehr Mieterzusammenhalt und einer reparierten Eingangstüre entschieden für eine Treppenhausreinigungskraft ausgesprochen hat. Pluspunkte für Kurt. Vielleicht traue ich mich ja doch eines Tages in sein “Studio”, um ein zwei Songs aufzunehmen…

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Bauhaus Blues

Mittwoch, August 12th, 2009 | Author:

Sich als drittklassiger Baumarkt mit dem Namen der weltberühmten Weimarer Schule für Architektur und Gestaltung zu schmücken ist schon ganz schön dreist. Schlechteren Service gibt es nur im Supermarkt bei mir um die Ecke, aber da wenigstens mit Herz. Im drittklassigen Baumarkt summiert sich die “ausführliche Beratung”, die angeblich stattfinden soll, in einem schnöden “Weiss ich nicht”.

Wenn man sich ein Gerät für teures Geld leiht und das dann auch noch mitten bei der Arbeit wegen schechter Wartung den Geist aufgibt, beschwert man sich natürlich. Dann behalten die einfach erst mal die Kaution von 200 Euro, so dass man zwei Wochen ausgehungert wird bevor sie sich entscheiden ob man Recht hatte…

Oder aber man sucht eine Stunde nach einem Sanitärteil. Dann findet man endlich eine Mitarbeiterin, die man fragen kann (die beiden Teenies in Zahnspange, die sich gerade über das letzte Saufgelage unterhalten haben, wollte man lieber nicht fragen) und wird in die Abteilung geführt, in der man schon vier Mal jede Ecke abgesucht hat. Währenddessen ruft die Mitarbeiterin jemanden an. Dann wirft sie einen kurzen Blick auf ein Regal und sagt “Hab ich nicht mehr.” als wäre sie der Wirt, dem eine Biersorte ausgegangen ist, und nicht ein Teil das eigentlich in mannigfacher Ausführung in solch einem großen Baumarkt vorhanden sein sollte. Verwirrt bleibt man stehen, sie redet ja auch gerade am Telefon, und das Regal sieht nicht so aus, als wäre jemals ein Platz für das Teil was man sucht vorbestimmt gewesen. Sie schaut einen eindringlich an und sagt noch etwas schnauzender: ” Wie gesagt, das hab ich nicht mehr!” bevor sie sich wieder dem Gespräch mit ihrer Freundin zuwendet, der sie erklärt, dass Birgit sie abholen kommt und man sich ja dann später treffen könne. Keine Chance zu fragen ob man so ein Ding in absehbarer Zeit wieder kaufen kann, wo man sonst danach gucken könnte oder wie es eigentlich richtig heisst…

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Kurt

Dienstag, August 11th, 2009 | Author:

Ich träumte von Maschinen. Gross, schwer, dröhnend wiegten sie sich durch meine Nächte. Walzenschleifer oder Tellerschleifer? Randschleifer oder Schwingschleifer? Erst als wir die Maschinen tatsächlich unter Aufbietung unmenschlicher Kräfte die drei Stockwerke zu unserer neuen Wohnung hochschleppten, liess das Rattern in meinem Kopf nach.

Oben angekommen stellten wir fest, dass der seltene Fall eingetreten war und der Strom abgestellt war. Keine Maschinen, kein Licht. Dann hörten wir unten im Flur Türenknallen, schwere Schritte, Gemurre, Genöle und das schwere, heisere Hecheln von zwei monströsen Hunden. Na super. Mehr Türenknallen und dann Technogewummer. Welch Freude, die neuen Nachbarn!

Nachdem wir von einer unbemannten Steckdose auf dem Speicher ein Kabel abgeleitet hatten, gingen wir erstmal unten klingeln, um extreme Lärmbelästigung durch Dielenschleifen anzukündigen und uns ein näheres Bild unseres Nachbarn zu machen – noch war es nicht zu spät die Sache abzublasen.

Unser neuer Nachbar – ich nenne ihn mal Kurt – öffnete uns die Tür nur in Jeans, mit langen blonden Haaren und Brustwarzenpiercing, hinter ihm eine stilvoll eingerichtete, leicht ranzige Rockerbude. Cooler als erwartet. Die Hunde waren nicht riesige Biester, sondern zwei kleine französische Bulldoggen, die aufgrund ihrer missgebildeten Anatomie kaum atmen und ergo auch nicht bellen konnten, was mich trotz einem gewissen Mitleid zugegebenermaßen sehr erleichterte.

Kurt klärte uns voller Stolz darüber auf, dass es sich um ein äusserst freizügiges Haus handle, wo jeder tun und lassen könne was er wolle. Man müsse sich also nicht wundern wenn mal jemand mit seinem Koks durch den Flur laufe. Nur wenn der Bongospieler von unten fünf Tage auf Pep durchtrommle, dann rufe man schon mal die Polizei. Als Kurt erfuhr, dass wir Klavier und Gitarre besitzen, zeigte er uns sofort sein kleines Tonstudio. Wir erfuhren, dass er Programmierer sei und gerne schon mal den ganzen Tag Drum’n'bass höre. Meine Erleichterung hierüber hielt sich in Grenzen, doch wir beschlossen, Kurt und dem Bongospieler eine mit gewisser Vorsicht angestrebte Chance zu geben.

Jetzt ist es sowieso erstmal zu spät. Nach vielen Stunden ohrenbetäubenden Lärms, Schweiss und Staub haben wir nun wundervolle, nach Holz und Wachs duftende, helle Dielenböden und morgen auch wieder Strom. Sollten wir irgendwann mal Drogen brauchen, wissen wir jetzt wo wir sie herbekommen. Wir halten die Scheiben von Io’s alter Death-Metal-Band als Gegenmittel parat und hoffen das Beste, lieber Leser.

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Selbstfindung

Mittwoch, August 05th, 2009 | Author:

Ich habe gestern Nacht in einem Zustand körperlicher Erschöpfung plötzlich in mein Inneres Selbst geblickt, und dabei die Essenz meines Seins erfahren. Mein Geist wanderte durch etwas Weiches, Helles hindurch und befand sich mitten darin. Hier und da gab es ein paar süße, dunkle Flecken, und kleine Luftblasen im Raum. Diese Erfahrung war wundervoll und einzigartig, und doch überraschte sie mich nicht. In meinem tiefsten Inneren wusste ich schon immer, dass die Essenz des Seins Muffinteig ist.

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Ruhrpott-Blues

Dienstag, August 04th, 2009 | Author:

God-City liegt im Ruhrpott. Ich dachte immer der typische Ballermann6-Gartenzwerg-Dackel-Ruhrpöttler wäre nur ein Klischee… aber da habe ich mich wohl ein wenig getäuscht. Immerhin kann man sagen, dass selbst der hinterletzte ranzige Vermieter nicht müde wurde, die kulturellen Vorzüge der Stadt zu preisen, in der wir jetzt auch – allerdings bei einem netten Vermieter – eine Wohnung haben. Und was für eine! 80 Quadratmeter für 560 Euro warm, der allgemeine Mietspiegel in God-City und die vielen leerstehenden Wohnungen zeigen, was für ein beliebtes und belebtes Pflaster das hier ist ;-) … Nun gut, in der Wohnung hat vorher ein Junkie gewohnt und sie ist ziemlich renovierungsbedürftig, aber die alten Dielenböden, die Riesenküche und der offene Kamin versprechen einen lohnenswerten Einsatz.

Wenn man zum ersten Mal mit jemandem zusammenzieht hat man ja schon etwas Muffensausen, besonders wenn es in eine neue Stadt geht. Man unterschreibt zusammen den Vertrag, plant entsprechende Anschaffungen und verändert sein ganzes Leben. Man kennt nur einen einzigen Menschen in der ganzen Stadt, und mit dem muss man alles teilen. Man hat kein eigenes Bett mehr, kein eigenes Bad, keine eigene Küche und selbst sein Bücherregal muss man teilen. Aber teilen kann ja auch schön sein. Nur – ob man sich nicht nach zwei Monaten so dermaßen auf den Sack geht, dass man am liebsten wieder ausziehen würde, das weiss man vorher leider nicht. Aber ich bin guter Hoffnung.

Category: Home sweet Home, wies so geht | 6 Comments